Zum letzten seiner Weinberge sind wir erst nach einer kleinen Wanderung gekommen. Vorbei an einem kleinen Streifen im Wald, der mit einem Elektrozaun gegen Wildschweine gesichert ist.
Die Tiere sind ganz wild auf die reifen Beeren in den Weinbergen. So abgelegen wie diese Flächen von Camuzeilles liegen, haben die Schweine alle Ruhe der Welt, um alles von den Reben zu fressen. Fast Nacht ist es geworden, als wir auf dem Nordhang ankommen, auf dem L'Embuse angebaut wird, der mysteriöse Spitzenwein von Camuzeilles. Hunde bellen in den Wäldern, vereinzelt leuchten einsame Hütten - Winzer und Förster jagen Wildschweine.
Der Winzer erklärt mir seinen Wein, der von den vereinsamten Reben stammt. Die Nacht bricht herein. Sterne ziehen auf, Wildschweine durchs Revier und zwei Gläser ihre Bahn um die Sterne.
Ein Wein, verstehe ich, erzählt eine Geschichte. Ist der Wein gut, ist diese Geschichte lang, sehr lang. Die Geschichte dauert von der Zungenspitze bis zum Ende des Hin und Her der wechselnden Eindrücke am Gaumen bis nach dem genussvollen Schluck, wenn der Wein nicht mehr da, aber noch präsent ist.
Er lässt den Genießenden nicht dort zurück, wo der das Glas aufnahm. Je länger diese Reise im Kopf ist, um so mehr hat der Wein dem Aufnehmenden zu geben.
Die Hunde bellen wieder, es ist dunkler geworden und die Worte formen das Bild vom Wein: warum von hier, diesem abgelegenen Stück Erde. Warum diese Nordlage, warum der Boden an der Kuppe karger ist als im Tal und dies alles zu einem der feinsten überhaupt machbaren Weine führt.
Vermutlich kann man als Fremder das alles nicht genau verstehen. Aber dass jemand, der derartige Weine aus den kleinsten Nuancen der Natur erzeugt nicht ständig am Telefon ist, das versteht man sofort.