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Anreichern



Reicht der Zuckergehalt in den Beeren nicht, können Winzer dem Most Zucker oder konzentrierten Traubensaft zugeben. Das wird als Anreicherung bezeichnet. Fast immer haben Winzer genau das gegenteilige Problem: viel zu hohe Zuckerwerte und damit zu hohen Alkoholgehalt im Wein. Die Anreicherung ist daher kaum noch weit verbreitet.

Früher waren es dünne Massenweine, die auf diese Weise zu höherem Gehalt an Alkohol kamen. Es war lange Tradition der Panscher, dunkle, kräftige und alkoholreiche Weine aus dem Süden in renommierten Weinen aufgehen zu lassen. Eine einfache Anreicherung hätte nicht so «beeindruckende» Ergebnisse geliefert.

Auch die haben durch das wärmere Klima mittlerweile genug Zucker. Was hingegen immer noch weit verbreitet ist, ist die Säuerung von Weinen. Gerade in warmen südlichen Regionen haben Weißweine oft zu wenig Säure und die wird dem Wein weit häufiger zugegeben als Zucker.

Die Anreicherung ist in schwachen Jahrgängen bei einfachen Weinen möglich und zugelassen. Höherwertige Weine werden kaum angereichert oder nur, wenn niemand zusieht. Bei einem schlechtem Sommer kann man bei beginnender Lese oft ein nettes Theaterstück verfolgen: die üblichen fernsehtauglichen Winzer / Fachleute, die in jedem 2. Artikel oder Bericht über Wein zitiert werden, jammern über zu erwartende massive Einbrüche der Erntemenge, beantragen die Zulassung der Anreicherung ihrer Moste (die Genehmigung zur Anreicherung muss vor der Lese vorliegen, weil direkt nach der Lese und vor der Gärung der Most angereichert werden müsste) und natürlich staatlicher Unterstützung für die leidende Weinwirtschaft.

Kaum sind die Trauben von den Weinbergen in den Kellern gelandet, berichten die üblichen ... über «geringe Erntemenge, aber herausragende Qualitäten, die an den Jahrgang xy erinnern. Die Preise für diese außergewöhnlichen Weine werden erntebedingt steigen». Da an diesem Theaterstück nur wenige Akteure (Winzer und Meinungsbildner) beteiligt sind, kann man dieses PR Theater als die moderne Form der Anreicherung betrachten.

Die Weine werden im Folgejahr mit beeindruckenden Preisnachlässen verhökert, mancher Weinkunde fühlt sich verschaukelt, aber der neue Jahrhundertjahrgang steht schon bereit.

Bei den weinraum Winzern bleibt die Preisliste mehr oder weniger gleich, manchmal sind auch nur weniger Flaschen pro Kunde verfügbar. Die Weine haben ggf. wetterbedingt nicht die Stärke an Mineralität, Aroma etc, - was fast immer Kunden verstehen, Wein als Ausdruck eines Jahresverlaufes sehen. Fast nie ist ein Wein aus einem schwachen Jahrgang schlecht, die besonderen Weine werden hingegen nicht erzeugt und die Trauben aus diesen Lagen kommen den einfacheren Weinen zugute.

Das ist dann eine pragmatische Anreicherung - und eine sympathische.