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Naturnaher Wein



Beschädigte Trauben - bei der Lese zurück gelassen
Beschädigte Trauben - bei der Lese zurück gelassen

Eigentlich ist die Erzeugung von Wein vollkommen banal: Wein entsteht wenn der Zucker in den Trauben in Alkohol umgesetzt wird, Dabei sind auch für Laien zwei Dinge einfach unterscheidbar: die Trauben können "bio", "naturnah" etc. sein. Und die Vorgänge im Weinkeller können es sein.


Während man sich unter Biotrauben noch einen Winzer mit Strohhut und einem neben sich her trottenden Retriever vorstellen mag, ist es im bei der Arbeit im Weinkeller schwieriger, was bio sein soll. ‹Die haben keinen Schwefel› hört man so oft wie es falsch ist. Auch im sogenannten Biowein darf Schwefel sein. Und im nicht veganen Wein wird kein ekliges Blut verwendet, das gehört in die Märchenbücher.


Konventionelle Weine werden grob gesagt mit dem Einsatz von chemischen Mitteln und Maschinen im Weinberg erzeugt, Dabei stehen oft - wenn auch nicht immer - ein recht hoher Ertrag im Weinberg im Vordergrund. Die Rebstöcke stehen ausreichend weit auseinander um Platz für die Maschinen zu lassen. Die Reberziehung dient weniger optimalen Bedingungen für die Rebe als guter Bearbeitbarkeit mit Maschinen. Aber auch bei dieser Anbau Form gibt es Möglichkeiten die Qualität der Weine mehr oder weniger im Fokus zu haben. Es wird jedoch kaum ein solch interessanter Wein dabei heraus kommen, der in einer Einzellage entsteht, in der die Reben optimale Reifebedingungen vorfinden.


 

Im naturnahen Wein setzen Winzer im Weinberg keine chemischen Hilfsmittel ein oder nur in Notfällen. Und mit Notfällen sind Notfälle gemeint: als im verregneten Frühjahr 2018 Ende Mai in Südfrankreich die Reben nach wochenlangem Regen stark von Mehltau befallen waren, lagen die Nerven der Winzer sehr blank: es stand kurz davor, dass die komplette Ernte bereits im Frühsommer verloren war. So etwas wäre ein Notfall, ansonsten werden die Weinberge im naturnahen Weinbau biologisch vor Schädlingen geschützt. Ausreichende Mischbepflanzung, gezielte Aussaht von Nutzpflanzen im Weinberg etc.

Der Grund, warum die Winzer ihren Wein schon aus eigenem Interesse frei von künstlichen Hilfsmitteln halten ist der zweite Schritt der Weinbereitung: die Arbeit im Weinkeller . Es gibt einige Schritte bei der Weinbereitung, der entscheidende ist jedoch die Umwandlung vom Zucker in Alkohol: das machen Hefen und - zumindest in südlichen Ländern - oft die natürlichen Hefen aus dem Weinberg. Ein solche Gärung nennt man Spontangärung weil sie ohne Zusatz künstliche Hefen auskommt.

Dieser Moment der Gärung unterscheidet den «naturnahen» Wein vom konventionellen und auch vom biologischen Wein. Im konventionellen Weinbau müssen Winzer Reinzuchthefen zugeben, weil die Trauben durch das Spritzen entweder frei von Hefen sind oder Reste der Mittel die Gärung stören.


Sogenannte Biowinzer dürfen Reinzuchthefen in den Wein geben, weil die biologisch sind. Ob diese künstlichen Hefen den Geschmack langweilig und gleichförmig machen, interessiert keinen bio Zertifizierer (m/w/d)



 

Das Spannende am naturnahen Wein ist der Geschmack, den er haben kann. Weil im Weinberg die Reben gesund leben und gute Trauben hervorbringen können. Im Weinkeller die natürlichen Hefen weit komplexere Aromen hervorbringen können.

Ob das auch im Glas schlussendlich so ist, hängt von den Winzern ab. Für solche Weine müssen sie in jedem Fall viel gründlicher und auch mehr arbeiten als Kollegen, die es sich - auch im biologischen Weinbau - einfacher machen.

Eine andere Seite ist, ob solche Weine auch gefallen. Ich hab schon oft Kunden erlebt, die mit diesen natürlichen Aromen nichts anfangen können. Man ist durch industrielle Waren, ob Kuchen, Brot, Pizza, Bier oder eben Wein oft auf

«easy consuming» konditioniert. Es ist fast jedem Essen zu viel Zucker oder Salz und Fett, weil beides billig ist und fehlenden Charakter minderwertige Erzeugung überdeckt. Oft ist man nicht mehr gewohnt, natürliche Aromen zu schätzen. Selbst in der gehobenen Gastronomie wird dieser Trend genutzt, weil es einfacher ist, billiger und ein breiteres Publikum zufrieden gestellt wird. Diese Normierung des Geschmacks gibt es bei weitem nicht nur bei Tiefkühl - Pizza.


Auch diesem Trend begegnen naturnahe Weine durch ihre besonderen Aromen.