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Lexikon ››  Tresterhut



 Der Tresterhut, im Französischen als «chapeau de marc» bezeichnet, ist

Der Tresterhut, im Französischen als «chapeau de marc» bezeichnet, ist ein wesentlicher Bestandteil des Gärprozesses bei der Rotweinbereitung.
Er entsteht, wenn die festen Bestandteile der Trauben – insbesondere Schalen, Kerne und gegebenenfalls Stiele – während der alkoholischen Gärung an die Oberfläche des Mostes aufsteigen und dort eine dichte, kompakte Schicht bilden.


Der Auftriebseffekt, der zur Bildung des Tresterhuts führt, entsteht durch das Kohlendioxid, das während der Gärung der Hefe produziert wird. Dieses Gas sammelt sich in den festen Bestandteilen und treibt sie nach oben, wodurch sie sich zu einem Hut verdichten, der auf der Oberfläche des flüssigen Mosts schwimmt.

Physische Eigenschaften

Der Tresterhut kann je nach Rebsorte, Gärbehälter und Gärtemperatur in seiner Konsistenz und Dichte stark variieren. In der Regel ist er eine dicke, zähe Masse, die anfangs locker und mit zunehmender Gärung immer kompakter wird. Diese Dichte macht den Tresterhut zu einer Herausforderung für die gleichmäßige Extraktion von Aromen, Farb- und Gerbstoffen , da der Kontakt zwischen den festen Bestandteilen und dem flüssigen Most eingeschränkt wird, wenn keine mechanischen oder manuellen Eingriffe erfolgen.

In großen Gärbehältern kann der Tresterhut mehrere Zentimeter bis sogar einige Dezimeter dick sein. Seine Oberfläche neigt dazu, auszutrocknen, insbesondere wenn die Umgebungstemperatur hoch ist oder wenn der Most nicht ausreichend bewegt wird. Ein trockener Tresterhut kann nicht nur die Extraktion behindern, sondern auch das Risiko von Fehlgärungen oder Oxidation erhöhen.


Bedeutung in der Weinbereitung

Der Tresterhut spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Farbe, Struktur und Aromatik des Weins. Die in den Traubenschalen enthaltenen Anthocyane (Farbstoffe) und Tannine (Gerbstoffe) sind entscheidend für die Qualität des Rotweins, und ihre Extraktion ist eng mit der Beschaffenheit und Behandlung des Tresterhuts verbunden.


Farbentwicklung: Der Tresterhut enthält die meisten Anthocyane, die für die tiefrote bis violette Farbe des Weins verantwortlich sind. Ohne regelmäßigen Kontakt zwischen dem Most und dem Tresterhut kann der Wein blass und weniger intensiv in der Farbe werden.

Die Pigeage , Remontage (Umpumpen des Mosts) oder das Untertauchen des Tresterhuts stellen sicher, dass der Wein seine charakteristische Farbe erhält.



Tanninstruktur: Die Tannine , die dem Wein Struktur und Lagerfähigkeit verleihen, sind ebenfalls in den Schalen und Kernen enthalten. Der Kontakt mit dem Tresterhut fördert die Extraktion dieser Tannine, die dem Wein sowohl Textur als auch Langlebigkeit verleihen. Ein gut integrierter Tresterhut sorgt für eine ausgewogene Tanninstruktur, die weder zu hart noch zu weich ist.



Aromenprofil: Viele der komplexen Aromen, die den Charakter eines Rotweins ausmachen, stammen aus den festen Bestandteilen der Trauben. Der Tresterhut enthält nicht nur Fruchtaromen, sondern auch subtile, erdige und würzige Noten, die durch den Gärprozess extrahiert und in den Wein überführt werden. Ein dichter, gut durchfeuchteter Tresterhut trägt zur Entwicklung dieser Aromen bei.



Sauerstoffmanagement: Der Tresterhut beeinflusst auch den Sauerstoffeintrag in den Wein. Während der Gärung kann der Tresterhut eine gewisse Schutzwirkung bieten, indem er die Oxidation des Mosts verlangsamt. Gleichzeitig kann er, wenn er regelmäßig untergestoßen wird, eine moderate Sauerstoffzufuhr ermöglichen, die die Gärung stabilisiert und die Entwicklung komplexer Aromen fördert.


Herausforderungen und Pflege des Tresterhuts

Die Pflege des Tresterhuts erfordert ein sorgfältiges Gleichgewicht. Einerseits ist es wichtig, den Tresterhut regelmäßig zu brechen und unter den Most zu tauchen, um eine gleichmäßige Extraktion und eine homogene Gärung zu gewährleisten. Andererseits kann zu häufiges oder zu intensives Unterstoßen die Schalen und Kerne übermäßig aufbrechen, was zu einer übermäßigen Tanninextraktion und einer möglichen Bitterkeit im Wein führen kann.



Ein weiteres Problem ist das Risiko der Fehlgärung. Ein nicht ausreichend durchmischter Tresterhut kann anaerobe Bedingungen schaffen, die das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen fördern. Diese Mikroorganismen können Fehlaromen (z.B. Schwefelnoten) erzeugen und die Qualität des Weins beeinträchtigen.

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, den Tresterhut während der Gärung genau zu überwachen und entsprechend zu behandeln.


Der Tresterhut ist weit mehr als nur eine Ansammlung von festen Traubenbestandteilen; er ist ein zentrales Element im Prozess der Rotweinherstellung. Seine richtige Behandlung durch Techniken wie Pigeage oder Remontage ist entscheidend für die Entwicklung von Weinen mit intensiver Farbe, gut strukturierter Tanninbalance und komplexer Aromatik.

Winzer, die den Tresterhut verstehen und zu nutzen wissen, können den Charakter seines Weins maßgeblich beeinflussen und das volle Potential des Terroirs zur Geltung bringen.