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Lexikon ››  Die französischen Weinkategorien

 



Vorschriften im Weinwald wirken oft seltsam
Vorschriften im Weinwald wirken oft seltsam

Bei einer roten Ampel bleibt man stehen. Vorschriften können einfach und sinnvoll sein, sie werden meist brav selbst von ansonsten wenig Gesetztestreuen befolgt. Der Versuch, die Angaben auf Lebensmitteln zu verstehen, ist hingegen nicht leicht. Auch nicht, was auf den Etiketten von Wein notiert ist.

Nun machen es sich manche Länder leicht: in Deutschland gibt es Kabinett und Auslese. Was das so genau ist, weiß kaum jemand, aber es klingt spontan plausibel. In Italien zählt, wieviele «Gläser» es im Weinführer gab, spanische Weinregionen klingen sowieso alle wie Stierkämpfer.

Nur Frankreich hat sich ein kompliziertes System gegeben und Winzer legen bei den Weinen auch großen Wert darauf: ein AOP dies, ein IGP jenes, ein «Haut valeur environnementale» solches. Für Konsumenten ist das System kaum zu verstehen, für Laien ohnehin nicht und geändert wird es auch alle paar Jahre. Allein: die Weinwelt beneidet Frankreich um dieses System, es wird oft kopiert und französischer Wein ist immer noch der Maßstab für Wein. Es gibt viele Weine aus anderen Ländern, die dieses Maß auch übertreffen, aber das System gilt als Vorbild. Warum?

 

Der Sinn von Klassements

Vorgaben sollen das Leben erleichtern und schaffen es mitunter auch auf gänzlich unbeabsichtigte Weise. «Placebo Effekt». Es ist halt nicht egal, was in den Weinbergen passiert und selbst wenn die Vorschriften nicht immer nachvollziehbar sind: es wird sich Gedanken gemacht über die Arbeit im Weinberg. Die interessantesten Weine kommen in Frankreich oft aus der untersten Klasse der einfachen Landweine - hier halten sich die Winzer an keine Vorschriften und machen, was gut ist.

Was ist gut? In einer Region, in einem Weinberg gibt es natürliche Lebensräume für bestimmte Rebsorten. Oft ist ein Weinberg besonders für eine Sorte geeignet und bringt dort einen herausragenden Wein hervor. ZACK: kein Wein fürs Klassement! In den meisten Regionen müssen Weine aus verschiedenen Rebsorten bestehen. Sind Weine nur aus einer Rebsorte - völlig egal wie herausragend - fallen sie in die

 

Unterste Stufe, der Landwein Vin de France

Der Wein kann aus Trauben verschiedener Regionen Frankreichs erzeugt sein, eine oder mehrere Rebsorten in der Cuvée enthalten sein und der Ertrag ist auch nicht festgelegt. Hier werden meist billige Weine erzeugt, für die nur wichtig ist, dass «Frankreich» auf der Flasche steht und der Wein immer mehr oder weniger gleich schmeckt.

Es gehören jedoch auch die einige der besten Weine Frankreichs in diese Qualitätsstufe. Reinsortige Weine etwa, oder solche, die Rebsorten in der Cuvée haben, die nicht den Statuten entspricht. Nein, solche Weine stehen nicht zufällig im Supermarkt, die gibt es bei sehr guten Winzern oder im weinraum zu kaufen. Es ist natürlich verwirrend, für einen Wein der nominal untersten Kategorie z.B. 50Euro zu zahlen.

 

IGP - früher Vin des Pays

2009 wurde aus dem sympathischen «Vin de Pays» der synthetische «IGP». Wer sich das ausgedacht hat, sollte Sand schaufeln. Die Abkürzung steht für das vermutlich selten gelesene «Indication Géographique Protégée» - geschützte geographische Angabe. Im Gegensatz zur untersten Stufe kommen die IGP aus einer bestimmten Region, nicht irgendwo her. Die Rebsorten sind empfohlen, aber nicht vorgeschrieben wie in der AOP, eine ebenfalls 2009 neu eingeführte weniger sympathische Bezeichnung der AOC.

 

AOP - früher AOC

Hier reiten ganze Herden von Amtsschimmeln durch den Weinberg - die Vorschriften sind streng, detailliert und am Thema vorbei. Der Sinn ist, den Weintyp einer Region in einem Regelwerk zu greifen und so Konsumenten Sicherheit zu geben. Die Leistungsdichte ist hingegen nicht nur im Sport ungemein hoch und eng. Was die Vorschriften regeln, hätte in den 80er Jahren Sinn gemacht. Heute sind die Techniken der Winzer weitaus feiner, detaillierter und exakter, als es Vorschriften über etwa einen Hektarertrag zu fassen vermögen.

Dem Trend, nur noch biologische Weine anzubauen, wird in diesem Regelwerk keine Aufmerksamkeit gewidmet - im Gegenteil. Die Verwendung chemischer Mittel wird geradezu vorausgesetzt. Die Möglichkeiten der Bodenbearbeitung, der Laubarbeit , dem Bewuchs im Weinberg, um den Wasser- und Nährstoffhaushalt zu steuern: nichts.

Es gibt drei Klassen der AOP:

AOP regional: der Wein stammt aus einer Region

AOP communal: der Wein stammt aus einem Ort

AOP Cru: der Wein stammt von einem Winzer und von diesem aus Lage

Verstanden? Macht nichts.

 

Die Vorteile - immerhin

Man muss fair sein: das oben geschriebene ist von einem ambitionierten Weinhändler, der Weine ambitionierter Winzer an ambitionierte Weinfreunde verkauft - hier gerne die modernen Winzerinnen und Weinfreundinnen mit dazu, weil es hier dazu gehört.

Mindestens 90% der Weine werden nicht über diesen Weg erzeugt oder konsumiert, sondern industriell erzeugt und im großen Masstab verkauft. Und hier sind diese Bezeichnungen und Unterteilungen in der Tat sehr sinnvoll.

Wer im Supermarkt einen Wein anhand dieser Einteilung sucht, wird für einen Vin de France vermutlich wenig mehr als den Wert des Glases der Flasche zahlen. Für einen IPG schon mehr und ein AOC kostet auch dort gerne über 10, auch über 30Euro - und darauf kann man sich einigermassen verlassen.