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Lexikon ››  Norisoprenoid - Aromen im Wein

 



Genaugenommen heißen die Aromen C13 - Norisoprenoide und so werden sie meist selbst in Weinartikeln genannt.

C13 ist ein stabiles Kohlenstoffisotop, daher kommt der Name. Wer nicht schon vorher wusste, was C13 ist, wird mit dieser Information auch nicht schlauer sein und ich lasse es fortan weg. Das in der Natur häufigste Kohlenstoffisotop ist C12 mit annähernd 95% des natürlichen Kohlöenstoffs. C13 ist also eher eine Ausnahme in der Natur.

Norisoprenoide sind eine Gruppe von rund 30 Aromastoffen, die besonders im Wein prägend sind - Norisoprenoide kommen auch in vielen anderen Pflanzen vor. Sie entstehen aus der enzymatischen Oxidation von Carotinoiden , die sich hauptsächlich in den Schalen der Beeren bilden. In anderen Pflanzen kommen wohl auch C8, C9 und C15 Norisoprenoide vor, in den Beeren von Weintrauben sind es hauptsächlich C13 Norisoprenoide.

Für die Bildung und die Konzentration der Norisoprenoide ist also zunächst das Vorhandensein der Vorstufe, der Carotinoide Voraussetzung.

Die Vorstufe der Norisoprenoide im Weinberg

Den Gehalt an Carotinoide können Winzer im Weinberg beeinflussen. Licht und Temperatur beeinflussen die Bildung und besonders das Verbleiben von Carotinoiden in den Schalen der Beeren. Sie sind instabil und werden leicht abgebaut, wenn zu viel Sonne auf die Beeren scheint und dadurch die Temperatur zu hoch ist. Ist der Sommer besonders heiß, kann eine zu rigorose Laubarbeit  zu einer Reduktion der Carotinoide führen und das Aroma der späteren Weine weniger fruchtig ausfallen.

Die Bildung der Norisoprenoide im Weinkeller

Die Norisoprenoide entstehen aus den Carotinoiden am Ende der Gärung durch die enzymatische Wirkung der Hefe . Handwerkliche Winzer, die sponatan  vergären - also ausschließlich die natürliche Hefe aus dem Weinberg zur Gärung nutzen - haben auf diesen Prozess keinen Einfluss. Was im Weinberg erzeugt wurde, ergibt den späteren Wein und fertig.

Sonderweg industrieller Wein

Wer künstliche Hefe nutzt, kann die Gärung mit speziell gezüchteter Hefe so steuern, dass der Wein explosiv nach Litschi, Ananas und Papaya duftet.

Das hervorgehobene «kann» betont, dass künstliche Hefe nicht an sich schlecht ist und fast alle Winzer nutzen neutrale Hefe zur Gärung, die das Aroma nicht beeinflusst. Mit der zunehmenden Erforschung der Norisoprenoide ist jedoch auch deren Entstehung immer besser bekannt und die zu rGärung eingesetzten Hefen können immer feiner auf die Vorstellungen gezüchtet werden. Etwa so, wie Pharmazeuten, die Medikamente entwickeln. Solche Weine wirken oft (noch) unnatürlich übertrieben fruchtig, nicht im «Gleichgewicht», treffen jedoch den Geschmack von an industrielles Essen gewöhnten Konsumenten. Leider ist ein Vorteil dieser Methode: die präzise Steuerung der Gärung reduziert unerwünschte Nebenprodukte der Gärung, die eine der Hauptursachen von Kopfschmerzen durch den Genuss von Wein sind.

Aromen der Norisoprenoide

Es gibt ein Vielzahl an Norisoprenoiden im Wein, einige sind besonders erwünscht und prägnant:

α-Ionon

ß-Ionon

3-oxo-α-Ionol

ß-Damascenon

TDN (1,1,6-Trimethyl-1,2-dihydronaphtalin)

jeweils in verschiedenen Formen.

Während die ersten Komponenten als verschiedene Fruchtaromen empfunden werden, trägt das letzte TDN in geringen Konzentrationen zur Komplexität in Weinen bei. Alternde Rieslinge können einen starken Petrolton entwickeln, wenn die fruchtprägenden Aromen abgebaut werden und TDN eine prägenden Eindruck gewinnt. Den Petrolton mögen die meisten nicht, für manche Freunde gereifter Rieslinge ist er die Vollendung.

Guter Wein entsteht im Weinberg

Die komplizierten Namen sind für Laien bedeutungslos - es sind eine große Zahl von Stoffen, die erst bei der Gärung gebildet werden. Sie können jedoch nur entstehen, wenn deren Vorstufen im Weinberg gebildet wurden. Winzer - handwerklich arbeitende Winzer - sagen oft und gerne den Satz «guter Wein entsteht im Weinberg». Niemand von ihnen misst einen dieser vielen Aromastoffe - das sind Arbeiten von Laboren und Hochschulen.

Zwei Wege im Aroma zum Weinkeller

Die spontane Gärung birgt Risiken. Die Gärung kann nicht starten oder Fehltöne können sich bilden. Die Voraussetzung für einen Erfolg sind vollkommen gesunde Weinberge, die einen passenden natürlichen Hefebesatz auf den Beeren entwickeln. Zudem völlige Sauberkeit im Weinkeller, was mittlerweile in praktisch jedem Winzerbetrieb üblich ist.

Der Reiz die Gärung spontan ablaufen zu lassen, sind die natürliche Ausbildung der oben genannten Aromen. Sie werden vielfältiger, reichhaltiger und insbesondere harmonischer als Wein mit künstlicher Hefe gestartete Gärung - wenn es gut läuft.

Der Vorteil der künstlichen Hefen ist, dass diese Feinheit vielen Konsumenten nicht unbedingt auffällt. Insbesondere wer selten Wein geniest oder mal hier mal da was kauft wird solche Nuancen weniger leicht empfinden, als jemand, der oder die gezielt Weine einer Region oder Rebsorte kauft und unterschiedliche Weine besser einordnen kann.

Es ist also leichter und oft wirtschaftlicher, zur Gärung künstliche Hefe zu verwenden und einen «guten» Wein zu erzeugen, statt sich einem Risiko auszusetzen ohne einen Gewinn daraus erzielen zu können.